Das Denkmal von "Otto der Schütz"

Als am 7. Oktober 1944 die Innenstadt Kleves in Schutt und Asche fiel, wurde auch das am Ausgang des Prinzenhofs stehende Denkmal „Otto der Schütz“ zerstört.

Es war ursprünglich im Jahre 1878 an der Ecke Kirchstraße/Hagsche Straße errichtet worden und verdankt seine Entstehung der großen Popularität der Sage von „Otto der Schütz“ in der Fassung von Gottfried Kinkel. Sein 1841 verfasstes Versepos „Otto der Schütz, eine rheinische Sage in 12 Abenteuern“ erreichte bis 1911 insgesamt 87 Auflagen.

Während Kinkel die Figuren der Hauptperson im Stile der Romantik dem Zeitgeschmack entsprechend stark idealisiert, ist die Historie Otto des Schützen von Elisabeths von Kleve um einiges prosaischer.

Der um 1322 geborene historische Otto war einziger Sohn und Erbe des Landgrafen Heinrich von Hessen, seine um 1307 geborene spätere Frau Elisabeth, die mittlere von drei Töchtern, die aus der Ehe des Grafen Dietrich IX., von Kleve mit Margaretha von Gelder hervorgegangen waren. Sie war im Jahre 1332 mit dem Burggrafen von Seeland, Gerhard von Voorne, einem Witwer im vorgerückten Alter, verheiratet worden und nach dessen Tod 1337 schon in jungen Jahren Witwe. Als sie im darauffolgenden Jahr mit dem Landgrafssohn Otto von Hessen vermählt wurde, war sie beinahe doppelt so alt wie ihr 16-jähriger Ehemann.

Das Denkmal Otto der Schütz war das Erstlingswerk des Verschönerungsvereins und eine seiner frühen Aktivitäten, die auch im Rahmen der neuen Möglichkeiten zu sehen sind, die sich nach der Errichtung des Wasserwerkes im Jahre 1877 und dem Vorhandensein von „fließendem“ Wasser ergaben. Springbrunnen kamen in Mode, und auch das von Valentin Statz aus Köln entworfene Denkmal „Otto der Schütz“ wurde als Brunnenmonument errichtet und von dem Kölner Bildhauer Custodis und dem Steinmetzen Grod aus Kleve ausgeführt. Es wurde am 11. Juli 1878 vor den Häusern Hünnekes und Möhlenhoff (heute Knops) an der Stelle der früheren Pumpe unten an der Kirchstraße aufgestellt und war von einem Wasserbassin umgeben. Schon bald erwies sich die Anlage des Brunnens als Fehler, denn das Wasser wurde gerne für andere Zwecke missbraucht und war zudem eine Gefahrenquelle für kleinere Kinder.

1883 entschloss sich der Verschönerungsverein, den im Volksfreund schon als „Misteback“ bezeichneten Brunnen abzubrechen und die Sagenfigur mit einem Blumenbeet und einer Einzäunung zu umgeben. Zahlreiche Ansichtskarten bezeugen, dass das Denkmal im Herzen der Stadt ein beliebtes Fotomotiv war und somit auch für die beabsichtigten Werbezwecke eingesetzt werden konnte.
Doch Ottos Tage am Fischmarkt waren gezählt. Wie in vielen anderen Städten wollte man im Ersten Weltkrieg auch in Kleve ein Kriegswahrzeichen zum Benageln errichten. So war in Wesel der „Held Siegfried in Eisen“ aufgestellt worden in Köln der „Kölsche Boor“ und in Krefeld der „Eiserne Georg“. In Kleve stiftete der Bildhauer Brüx ein Bildwerk, das einen „Granatenwerfer“ darstellte.
In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 14. Dezember 1915 wurde den Wünschen des Stifters entsprechend als vorläufiger Standort der Platz, auf dem Otto der Schütz steht, festgelegt. Das Denkmal sollte den Namen „Eiserner Mann“ führen, der Ertrag der Nagelung im Rahmen einer Stiftung der Familien gefallener oder erwerbslos gewordener kriegsversehrter Klever Bürger zukommen. Nach Abschluss der Nagelung soll aber „Otto der Schütz“ wieder seinen alten Platz einnehmen. Aber daraus wurde nichts. Nachdem man die Anlage in den ersten Januartagen 1916 abgeräumt hatte, wurde es still um den Sagenhelden, und man hatte zunächst andere Sorgen, als Denkmäler zu errichten. Doch Otto der Schütz erlebte wieder bessere Zeiten. Obwohl man ihm entgegen dem Ratbeschluss von 1915 seinen alten Platz nicht wiedergab, erlebte er im Exil im Prinzenhof im Schatten der Stifts-kirche noch einige glückliche Jahre. Bis zum 7. Oktober 1944. Da fiel auch er, wie große Teile der Stadt, in Schutt und Asche.

 

Quelle:
Rund um Schwanenturm
24. Jahrgang 2005